Schwarze Raucher, weiße Shrimps

Meteor – 17.06.2023

Tag 10 unserer Reise – Im Broken Spur Hydrothermalfeld

Noch am gestrigen Abend kam die gute Nachricht, dass das Bugstrahlruder der Meteor wieder einsatzbereit ist. Und so wird am Morgen das ROV ausgesetzt. Alles klappt gut, und nach etwa 2,5 Stunden haben wir das erste Mal Bodensicht in 3069 m Wassertiefe. Der Meeresboden wird durch rundliche Strukturen aufgebaut, manche einen halben Meter im Durchmesser, andere sind größer, wieder andere langgestreckt. Aufgrund ihrer Form werden sie als Kissenlaven (englisch: pillow lava) bezeichnet. Dies ist eine typische Erscheinungsform an Mittelozeanischen Rücken. Wenn 1200°C heiße Lava am Meeresboden austritt, wird sie im Kontakt mit dem 4°C kalten Wasser abgeschreckt und bildet sofort eine rundliche Form mit einer Kruste aus. Immer wieder schwimmen zwischen den einzelnen Pillows aalartige Fische. Dann fliegt das ROV über einen Bereich, wo die Pillowlaven mit unzähligen Anemonen bewachsen sind – ein schönes Bild.

Wir befinden uns am Meeresboden im Broken Spur Hydrothermalfeld. Von früheren Arbeiten gibt es eine Karte dieser Unterwasserwelt, auf der die für uns interessanten Punkte eingezeichnet sind. Wir suchen die sogenannten Schwarzen Raucher. Hier tritt einige Hundert Grad heißes Wasser aus (wissenschaftlich heißt es hydrothermales Fluid). Dieses ist reich an gelösten chemischen Stoffen, vor allem an Metallen und Schwefel, aber auch Gase wie CO2, Wasserstoff und Methan sind gelöst. Im Kontakt mit dem Meerwasser bilden die Metalle und der Schwefel Minerale wie Pyrit (Katzengold) und Kupferkies. Als kleine Kristalle treten diese mit dem Fluid aus und bilden die charakteristische und namensgebende schwarze Rauchfahne. Gleichzeitig aber bauen diese Minerale auch die Schornstein-artigen Strukturen auf, mehrere Meter hoch, die Schwarzen Raucher eben.

Das hydrothermale Fluid und die darin gelösten Metalle und Gase sind Nahrung für Bakterien. Sie leben beispielsweise in Symbiose mit Muscheln und Garnelen. Diese sind dann wieder Nahrung für größere Krebse. In den Hydrothermalfeldern der Mittelozeanischen Rücken hat sich eine hoch spezialisierte Lebewelt entwickelt, deren Nahrungsgrundlage der chemische Cocktail ist, die in den hydrothermalen Fluiden gelösten chemischen Stoffe.

Nach kurzer Suche taucht im Kamerabild der erste Schwarze Raucher auf. Er hat eine knubbelige Form. An den Seiten und am oberen Ende sehen wir Wolken von schwarzem Rauch. Hier tritt das hydrothermale Fluid aus und es wimmelt nur so von weißlichen Garnelen. Wie ein quirliges Knäuel drängen sie sich im Bereich der Austrittsstelle der Fluide. Wenn die Shrimps sich dort aufhalten, werden die Bakterien, die auf der Schale der Garnelen sitzen, vom hydrothermalen Fluid umströmt. Die Bakterien geben wiederum Nahrung in Form organischer Stoffe an die Garnelen zurück – eine bewährte Symbiose. Wir sind angekommen, die Probenahme beginnt.

Am frühen Abend heißt es dann: End of Dive – Ende des Tauchgangs. Wir haben Einblick nehmen dürfen in eine ganz besondere Lebewelt in der lichtlosen Tiefe am Mittelatlantischen Rücken. Die Arbeit am Meeresboden ist für heute beendet, und das ROV begibt sich auf den Rückweg an die Meeresoberfläche und an Deck der Meteor. Und dann beginnt die Arbeit mit den Proben, die am Meeresboden genommen wurden.