Die Hälfte ist geschafft

Meteor – 07.07.2023

Tag 30 unserer Reise – Auf dem Transit

Die Meteor folgt weiterhin einem östlichen Kurs, ungefähr die Hälfte der Wegstrecke nach Algeciras ist geschafft. Heute steht das Beladen der beiden Container an.

Am Vormittag sind das ROV und das dazu gehörige Equipment vom Achterdeck in die MARUM ROV-Container verpackt worden. Dadurch wurde der Platz für die beiden Frachtcontainer geschaffen, sodass wir die vielen Alukisten mit unseren wissenschaftlichen Gerätschaften und Materialien einladen können. Patrick hat die Masterliste und achtet darauf, dass die richtigen Paletten in den jeweils richtigen Container kommen. Für die zollrechtliche Abfertigung bei der Einfuhr nach Deutschland muss das alles mit den Frachtpapieren übereinstimmen.

Ich möchte die Zeit des Transits nutzen, um noch ein paar weitere Einblicke in das Leben an Bord zu geben. Am Nachmittag besuche ich Magnus auf der Brücke, er ist der 1. Offizier an Bord. Von ihm bekomme ich eine Brückenführung.

Beeindruckend ist der Fahrstand, der fast die gesamte Breite des Raumes (im Grunde fast die gesamte Breite des Schiffes) einnimmt, davor zwei Sitze. Von hier aus geht mein Blick nach vorne über das Vorderdeck hinaus auf den Ozean, die Sonne scheint, die See ist ruhig. Drei Bildschirme fangen meinen Blick ein. Auf zweien laufen unterschiedliche Radaranzeigen, eine davon liefert die Informationen, die gemeinsam mit der Stimmaufzeichnung von der Brücke für den Notfall in der sogenannten „black box“ gespeichert werden. Wir sehen, dass uns mit genügend Abstand ein Schiff entgegenkommt, einem westlichen Kurs folgt. Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass zwischen den Schiffen Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen und auch die Vorfahrt auf See geregelt ist. Letzteres wird dadurch bestimmt, wie schnell ein Schiff beispielsweise den Kurs ändern kann. So lerne ich, dass ein Motor-getriebenes Schiff einem Segelschiff ausweichen muss. Auch das Überholen ist geregelt.

In der Mitte zwischen den beiden Radaranzeigen ist die elektronische Seekarte zu sehen. Seit Jahren bereits haben die klassischen Seekarten aus Papier ausgedient, der große von unten beleuchtbare Kartentisch in der Mitte des Raumes hat keine Funktion mehr. Derzeit befindet sich die Meteor noch auf dem offenen Ozean, heute Vormittag zeigte die Anzeige an Deck eine Wassertiefe von 5.471 m an. Wir schauen auf der elektronischen Seekarte schon ein paar Tage voraus und blicken auf die Straße von Gibraltar. Die Meerenge zwischen Europa und Afrika ist nur etwa 15 Kilometer breit. Wir werden sie in der Nacht durchfahren, wenn nicht so viele Schiffe gleichzeitig und in beiden Richtungen unterwegs sind.

Ich sehe den Hebel, mit dem die Maschine angesteuert wird. Eher schlicht ist das Steuerrad daneben, kaum 20 Zentimeter im Durchmesser. Aber ein großes hölzernes und mit Messing beschlagenes Steuerruder wie auf Traditionssegelschiffen hatte ich auch nicht erwartet. Ein zweiter Fahrstand liegt außerhalb der Brücke auf der Steuerbordseite der Meteor, er wird vor allem für das Manövrieren im Hafen genutzt. Vom dritten Fahrstand im hinteren Teil der Brücke ist das gesamte Arbeitsdeck zu überblicken, für die Stationsarbeit und das Aussetzen der Geräte ist dies der richtige Platz. Hier gibt es auch die Steuereinheit, die automatisch unter Einbeziehung von Wind und Wellenbewegung die Schiffsposition hält, ganz wichtig bei unseren Arbeiten am Meeresboden.

Dann öffnet Magnus einen Schrank und in zahlreichen Fächern einsortiert sehe ich zusammengerollt die Flaggen verschiedenster Nationen. Wann immer ein Schiff in das Hoheitsgebiet eines Landes einfährt, muss auf der Steuerbord-Seite die entsprechende Landesfahne aufgezogen werden – das ist so im internationalen Seerecht verankert. Ich sehe im Schrank die Flaggen der Azoren, von Portugal und Spanien. Am Ende unseres Rundgangs kommen wir noch an der Steuerung für die Uhren an Bord vorbei. Heute Nacht werden diese nochmals um eine Stunde vorgestellt, dann sind wir wieder in derselben Zeitzone wie Deutschland.

Mein abschließender Blick schweift nochmal über die Brücke. Von hier hat man nicht nur das ganze Schiff im Blick, sondern auch eine wunderschöne Aussicht über den Ozean. Vielen Dank an Magnus für diesen (Ein)Blick.